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Das Versprechen

(c) Lutz Leitmann, Presseamt Stadt Bochum

Was kann man von einem Versprechen erwarten? Im gesellschaftlichen öffentlichen Leben traut man ihm nicht. Wir kennen die Versprechen der Politik, der Werbung oder der Ideologien, die Menschen häufig in die Irre führen, wenn sie ihnen glauben. Wir scheinen verlässlichere Rituale zu brauchen, um soziale Vereinbarungen zu treffen, den Schwur etwa, oder den Vertrag.

Als private Geste kann ein Versprechen dagegen sehr wertvoll sein. Auch wenn es sich „bloß“ um eine subjektive Aussage handelt, so kommt es doch von Herzen. Was objektiv als Mangel erscheint, ist eine persönliche subjektive Qualität. Die Tatsache, dass ein bloßes Versprechen in der Öffentlichkeit nichts gilt und sogar verdächtig erscheint, sagt etwas aus über den Zustand der Gesellschaft.

Das Versprechen ist freiwillig, der Inhalt frei gewählt, und niemand als man selbst entscheidet, ob es hält oder bricht. Und doch gibt es immer ein Gegenüber, an das sich das Versprechen wendet. Ein Versprechen ist eine sehr persönliche Sache, eine intime Handlung, die sich auf jemanden bezieht, dem man sich verpflichtet fühlt. Ein Versprechen setzt Vertrauen voraus, und es fordert die Anerkennung des eigenen Wortes, der eigenen Kreativität.

Wenn ich mein Versprechen für mich behalte, aber öffentlich mache, dass ich es gebe, was bedeutet dann mein Versprechen, für mich und für sich selbst? Wenn viele ein solches Versprechen geben, jeder sein eigenes, ohne es auszusprechen, was würde sich verändern? Entsteht so eine neue Öffentlichkeit? Ist es möglich, dass niemand das Versprechen hört, und dass es gerade deshalb Gültigkeit besitzt?

Guido Meincke